Die ev. Kirche St. Nikolai Bad Liebenwerda

ist ein spätgotischer Backsteinbau. Sie ist nicht die erste Kirche an dieser Stelle. Von einer dreischiffigen, gewölbten Kirche zeugen die polygonen Wandpfeiler in den Ecken des Chorschlusses und an der Westwand.

Wir wissen nicht, wann die dem heiligen Nikolaus geweihte Stadtkirche in ihrer ältesten Gestalt erbaut worden ist. Ausdrücklich genannt wurde sie erstmalig 1376. Nach der Meißener Matrikel hatte sie acht Altäre; 1391 stiftete Heinrich von Weltewitz noch einen weiteren.

Der erste Pfarrer wurde 1231 erwähnt. Vermutlich hat damals außer der Schlosskapelle schon eine Kirche gestanden.

Das Schicksal der Kirche ist eng mit dem der Stadt verbunden. Mehrfach haben große Brände die Stadt heimgesucht (1490, 1530, 1630, 1637, 1641, 1707, 1733). 1490 brannte neben vielen Häusern und dem Schloss auch die Kirche ab.

Die wieder aufgebaute Kirche stürzte 1513 ein. „Es war am Margarethen-Sonntag zwischen den Kirchen, wo zwei schon schadhafte Pfeiler sich dermaßen senkten, daß sie einen Theil des Gewölbes nach sich zogen und so fast die ganze Kirche zusammenstürzte, wenigstens nun völlig abgetragen werden mußte, und man nur 2 Seiten-Mauern stehen ließ.“ (Aus der Chronik der Stadt Bad Liebenwerda von 1837.)

1515 (oder 1516) ließ Kurfürst Friedrich der Weise die Kirche wieder aufbauen. Er und andere weltliche und geistliche Herren unterstützten den Bau. Die Kirche in ihrer jetzigen Bausubstanz stammt also aus dieser Zeit.

Bei einem der drei Brände im 30-jährigen Krieg wurde die Kirche wieder stark beschädigt. Laut Landtagsakte aus der Regierungszeit Johann Georg I. brannten damals 184 Häuser, Kirche, Turm und Rathaus. Fenster und Decke der Kirche scheinen erhalten geblieben zu sein, aber umfangreiche Ausbesserungsarbeiten waren nötig. Es existiert eine Predigt über die Einweihung der wieder aufgebauten Kirche (1655). Aus alten Kirchenkassenrechnungen geht hervor, dass auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Reparaturen an der Kirche nötig waren. – 1702 durften die Liebenwerdaer mit Genehmigung des sächsischen Kurfürsten in vielen sächsischen Kirchenbezirken für ihre Kirche eine Sammlung durchführen. Auch aus den Jahren um 1740 und 1790 liegen größere Rechnungen vor.

1894 – am 29. Mai – ist der Kirchturm durch Blitzschlag zerstört worden. 1898 wurde der neue Turm errichtet, der noch heute von weitem grüßt. 

Dass er noch steht, ist nicht selbstverständlich. In den 70er-Jahren war eine Erneuerung der Schiefereindeckung des Turmdaches dringend notwendig geworden. Aber weder die nötigen Baukapazitäten noch eine Baufirma waren zu bekommen. Nach achtjährigen vergeblichen Bemühungen lautete die letzte Antwort des Kreisbaudirektors: „Dann müsst Ihr die Turmspitze eben abtragen!“ – Nur der Eigeninitiative der Gemeinde und vielen freiwilligen Helfern ist es zu verdanken, dass der Kirchturm in alter Schönheit erhalten werden konnte.

Das Innere der Kirche ist im Zeitraum zwischen 1850 und 1911 weitgehend neugotisch gestaltet worden: 

u. a. eine neue Orgelempore (1850), eine neue Orgel (1851 von G. J. Mende), vier farbige Fenster im Chorraum (Stiftungen 1908 Apotheker Liebe, Fa. Reiss), die Kanzel, der getäfelte Wandsockel und die ornamentale Bemalung, vor allem der Flachdecke (1911), gestaltet von Prof. Oettken, Berlin.

Aus älterer Zeit stammen:

der Schmerzensmann (Holzfigur um 1500) von einem gotischen Schrein stammend, der Taufstein (aus Sandstein) mit frühbarockem Dekor, datiert: 5. Juni 1671, an der achteckigen Kuppa Engelsflüchte zwischen Fruchtgehängen, am quadratischen Schaft charaktervolle, meisterhaft stilisierte Männermasken; an der Südwand unterlebensgroßer Kruzifixus von einem Triumphkreuz, vermutlich 16./17. Jahrhundert.

Vorn an der Südwand: Grabstein für Johanna Sibylla Tischerin (gest. 27.5.1671) mit ausführlichem Text.

Das ältere Altarbild (um 1700) hängt an der Nordwand der Kirche. Es wurde ursprünglich flankiert von den beiden Holzfiguren (Mose und Johannes), die sich jetzt an der Emporenbrüstung befinden. Der Altar um 1700 wurde bekrönt durch eine Pelikangruppe, die jetzt im Turmraum an der Wand befestigt ist. Das spätere Altarbild (um 1900) hängt derzeit an der Südwand. Das Kreuz am Altar wurde 1964 von einem in der Gemeinde tätigen Küster gestiftet.

An der Nordseite ein Anbau mit Giebel im frühen Renaissance-Stil, unten Sakristei mit Gewölbe, oben ehemaliger Ratsstand mit Zellengewölbe.

Die Lutherbüste an der Nordseite der Kirche – außen – erinnert an die Besuche Dr. Martin Luthers in der Stadt 1519 und 1544.

 

Nach 1989/90 wurde es möglich, Arbeiten in unserer Kirche in Angriff zu nehmen, die vorher nicht möglich waren:

1991 konnten durch Fördermittel des Staates und viele Spenden der Dachstuhl saniert und das Dach der Kirche neu eingedeckt werden. Gleichzeitig wurde die Kirchendecke über der bemalten Flachdecke isoliert und die Abdeckung (Fußboden im Dachbodenbereich) vollständig erneuert.

1993 ist – unter Verwendung des Orgelgehäuses von 1850 (Mende, Leipzig) und einiger Teile aus der Orgel von 1922 (Rühlmann, Zörbig) – die von der Firma Mitteldeutscher Orgelbau A. Voigt GmbH Bad Liebenwerda erbaute neue Orgel (III/41) eingeweiht worden. Die Finanzierung wurde von 1990 bis 1993 in drei Bauabschnitten ermöglicht durch Unterstützung seitens des Bundes, des Landes, des Landkreises, der Stadt, der Gesamtkirche, der Rheumaklinik/Klinikgruppe R. H. Mayer, der Partnergemeinden Lauterbach und Lübbecke und durch viele Spenden von Betrieben, Institutionen und Einzelpersonen.

1995 erhielt die Kirche durch Unterstützung vieler Spender – Firmen, Gemeindeglieder, Kirchenkreis, Partnergemeinden, Sparkasse Elbe-Elster – eine neue Heizung, die es ermöglicht, unsere Kirche auch im Winter für Gottesdienste und Kirchenmusiken zu nutzen. Die fast 100 Jahre alten, bereits vielfach gerissenen, eisernen Öfen konnten nur noch sehr begrenzt und mit äußerster Vorsicht genutzt werden.

1999/2000 –Ausbesserungsarbeiten am Mauerwerk der Außenfassade.

1999 – Die bleiverglasten Fenster sind immer wieder mutwilliger Zerstörung ausgesetzt. In einer ersten Sicherungsmaßnahme konnten die vier farbigen Fenster durch neue Schutzgitter gesichert werden. 

1999 – Nach einem Brandanschlag auf das Hauptportal der Kirche erfolgten die Erneuerung bzw. Aufarbeitung und Teilrekonstruktion der Kirchentüren sowie die Installation einer neuen Schließanlage.

2004 – Nach einem weiteren Brandanschlag in der Silvesternacht 1999/2000 wurde zum Schutz des historischen Kirchengebäudes und des wertvollen Inventars eine Brandmeldeanlage installiert.

1998/2004 –Die Restaurierung der Kirchendecke begann 1998 – ein arbeitsintensives und kostenaufwendiges Projekt, das, aufgeteilt in drei Bauabschnitte, im Mai 2004 abgeschlossen werden konnte. Ausführung: Diplom-Restauratorin Evelin Waldmann. Die Finanzierung erfolgte weitgehend durch Spenden. Die Kirchengemeinde dankt für die vielfache Unterstützung: dem Kirchenkreis, dem Landkreis Elbe-Elster, der Stiftung Deutscher Denkmalschutz Bonn, der Sparkassenstiftung „Zukunft Landkreis Elbe-Elster“, der Stadt Bad Liebenwerda sowie vielen Einzel- und Firmenspendern über den Förderverein St. Nikolai-Kirche.

2005 – Die beiden Kirchenfenster im Bereich der Orgelempore wurden restauriert, d. h. die gesamte Verglasung neu verbleit, zerbrochene Scheiben in gleicher Farbe und Herstellungstechnik ergänzt, die verrotteten Eisenstabilisierungen sowie zwei Belüftungsfenster in Edelstahl neu gefertigt. Teilweise mussten Fensterrippen und Rahmenteile in Sandstein neu ergänzt werden.

2006/2007 – erfolgte der Einbau einer Toilettenanlage mit Zugang vom Turmraum unter Teilnutzung des angrenzenden Stadtlageraumes. Dafür waren aufwendige Bauarbeiten notwendig. Wir danken der Stadtverwaltung für ihre Unterstützung, vielen Einzelspendern, der Sparkassenstiftung, dem Kirchenkreis und dem Förder-verein St. Nikolai-Kirche für die Finanzierungshilfen. 

2011 – Einbau einer neuen Treppe zur Orgelempore.

2020  wurde die Kirche nicht nur barreierefrei umgebaut, sondern auch behutsam aber umfassend umgestaltet, um Sie noch besser für für Konzert- und sonstige Kulturveranstaltungen nutzen zu können.

Die Kirche ist nicht nur für Gehbehinderte barrierefrei erreichbar. Die neue Tonanlage hilft Hörgeschädigten, Gottesdienste und andere Veranstaltungen besser mitverfolgen zu können. Insgesamt 13 kreisrunde Zweiwegestrahler in unterschiedlichen Größenerhellen gezielt das gesamte Kirchenschiff, wobei die Helligkeit je nach Bedarf gesteuert werden kann. Dies gibt nicht nur bessere Beleuchtungsmöglichkeiten für Veranstaltungen, sondern macht auch die Liedtexte besser lesbar. Das bessere Licht lässt zudem die schöne Decke und die frisch gemalerten Wände erstrahlen. Im Altarraum bieten die Podeste bessere und auch sicherere Plätze für den Chor. Die etwas zur Seite verschobene Kanzel ermöglicht freiere Sicht und der neue Platz für den Taufstein gibt nicht nur mehr freien Platz für Veranstaltungen, sondern bildet auch einen ganz besonderen Ort für Taufen. Unter der Empore ist eine Teeküche und ein kleiner gläserner Raum entstanden, in den sich junge Eltern mit Kindern bei Bedarf zurückziehen können und dennoch dem Gottesdienst oder den Veranstaltungen folgen können.

Möglich wurde der Umbau durch viele Spender und Sponsoren, tatkräftige Hilfe durch viele ehrenamtliche Heleferinnen und Helfer sowie durch LEADER-Fördermittel der Europäischen Union und des Landes Brandenburg sowie Zuwendungen der Landeskirche und des Kirchenkreises.

Am 1. Weihnachtstag 2020 wurde der neue Altar in Dienst genommen. Entworfen wurde der Altar vom Gemeindemitglied Erwin Rohleder. Er hat hat seinem Entwurf folgende Gedanken zugrunde gelegt:

„Meine ersten Gedanken kreisen um das, was auf dem Altar steht. Durch die Sanierung und Umgestaltung der Nikolai Kirche eröffnet sich ein neues Gedankenspiel. Das riesige Kreuz und das kleine Kruzifix mit der leidvollen Kreatur haben mir kaum etwas zu sagen gehabt, geschweige denn etwas Hoffendes vermittelt. Die äußere Form des Neuen Altars soll den Maßen des alten gemauerten Altarblocks entsprechen. Er soll eine würdige Schlichtheit besitzen. Im Altarraum sollte alles in Beziehung miteinander stehen. Zum Beispiel findet sich das strahlende Rot und den dunkelgrünen Hintergrund der beiden bescheidenen Schmuckelemente an den Ecken vorn in den angrenzenden Fenstern wieder. Mir schwebte immer etwas vor, das die Gedanken einfangen und mitnehmen kann. Etwas, das mich persönlich anspricht und mich einlädt. Die bunten Glasfenster stellen den menschlichen Werdegang von Jesus dar und mündet in seinen Aufstieg zu Gott. Meine Vorstellung ist, diese Zeit des Menschseins von Jesus einzufangen und in den Korpus des Altars zu stellen. Es soll unser „schuldig werden“ an ihm in der Kreuzigung symbolisieren. Die gefährlich zugespitzten Kreuze scheinen entschlossen miteinander zu ringen, sie formieren sich zu der finalen Dornenkrone. – ‚War es das nun?!!!!, bleibt als angstvolle Frage im Raum stehen! Das ist unsere gemeinsame Geschichte mit Jesus, die gelebt wurde, sie ist das begreifbare Fundament, auf dass unser Glaube aufbauen kann. Die Auferstehung von Jesus rettet uns vor der Verzweiflung, sie lässt uns wieder hoffen, dass es weiter gehen kann. Da hat mir bisher immer etwas gefehlt, was meinen Blick anzieht, was inspiriert, Vorstellungen entstehen lassen und Gedanken auf die Reise schicken kann, etwas was Hoffnung macht. Ein Toter am Kreuz ist das für mich nicht, eher das Ende.

Von Erwin Rohleder wurde auch die Figur des segnenden Christus auf dem Altar geschaffen.

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